Wittekind-Bergfest

100 Jahre Wittekind-Bergfest

Am 20. September 1891 kamen erstmals 55 Turner an der Wittekindsburg in der Porta Westfalica zusammen, um in den volkstümlichen Übungen Hangeln und Stemmen, Weitsprung und Hochsprung den Besten zu ermitteln. Das war der Turngenosse Ebeling von der Bielefelder Turngemeinde. Der Gauvorstand hatte zu dieser Veranstaltung an historischer Stätte eingeladen, und bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg blieb es auch ein Gau-Bergfest. Erst dann ging diese Veranstaltung immer mehr in die Obhut des Turnbezirks Minden über, der sie heute ohne einen ausrichtenden Verein selbst durchführt.

Nicht nur bei den Turnern fand das neue Bergfest Anklang, denn die Zeitung berichtet auch „von einer nach Tausenden zählenden Menge“. So wird 1897 für die auswärtigen Gäste am Vorabend ein Festkommers durchgeführt. 1902 wird vom Gauvorstand die Ausrichtung der Turngemeinde Minden übertragen, denn er wollte abwechselnd mit dem Wittekind-Bergfest ein Teutoburger-Wald-Fest am Hermannsdenkmal durchführen. Diese Konkurrenz schadete offensichtlich, denn nach fünfjähriger Unterbrechung belebte erst 1912 der Bezirksturnwart Hans Brachter das Fest neu und fand in Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe einen prominenten Fürsprecher. Inzwischen waren in vielen Dörfern Turnvereine gegründet, die ihre Turner auf den Berg schickten.

Noch 1914 wurde das Programm um einen Wasserwettkämpf in der Weser erweitert, aber dann dauerte es wieder vier Jahre, ehe 1919 das erste Nachkriegs-Bergfest mit 350 Teilnehmern durchgeführt werden konnte. 1920 taucht in der Siegerliste zum ersten Mal der Name Alfred Bertram auf, der jahrzehntelang auch im Gauvorstand mitgearbeitet hat, ehe er zum Oberturnwart des Deutschen Turner-Bundes nach dem zweiten Weltkrieg berufen wurde. Doch die wirtschaftliche Notlage machte sich auch in Minden-Ravensberg bemerkbar, und so mußte der unermüdliche Hans Brachter 1928 wieder einmal zu einem Neubeginn aufrufen. 1930 wurden zum ersten Mal Jugendliche zugelassen. In jenem Jahr wurden aber auch Klagen über die schlechten Bahnverhältnisse laut.
Die erste Wittekind-Bergfest-Siegerin war 1931 Fräulein Kleine-Kleffmann.

wittekindbergfest1934 hielt die neue Zeit auch auf dem Wittekindsberg Einzug. Die bisher „unzulänglichen Kampfbahnen“ waren nun „besonders urtümlich“, und eine „Dietstunde“ mit nationalsozialistischer Propaganda war jetzt fester Bestandteil des Bergfestes. Am 23. Juli 1939 eröffnete Wilhelm Thielking, der spätere Gauvorsitzende, vor mehr als 800 Turnerinnen und Turnern das letzte Vorkriegsfest.

Das Jubiläumsfest stand dann 1941 „im Zeichen des größten Kampfes um die Erneuerung Europas“. Nur drei Jahre dauerte die kriegsbedingte Unterbrechung, denn schon am 25. September 1946 wehte die Vier-F-Fahne wieder über der Wittekindsburg. 1949 schickten 25 Vereine des Turnbezirks Minden ihre Abordnungen, und lange Jahre waren rund 750 Wettkämpfer(innen) zu betreuen. Der Hauptkampf war jetzt der „Wittekind-Bergfest-Fünfkampf“ mit 100-m-Lauf, Weitsprung, Steinstoßen, Baumstammwerfen und 1000-m-Lauf (ursprünglich Freiringen).

Das 75. Jubiläumsbergfest war das letzte, das auf dem Platz vor der Wittekindsburg ausgetragen werden konnte. Verschiedene Gründe führten dazu, daß sich die Verantwortlichen für den Bergsportplatz in Porta Westfalica-Hausberge entschieden. Durch Umbaumaßnahmen gezwungen mußte man zwar vorübergehend nach Holzhausen/Porta ausweichen, aber seit 1983 treffen sich nun jedes Jahr Turner und Turnerinnen am dritten Septemberwochenende zwar nicht mehr auf, aber immer noch im Angesicht des Wittekindberges zu ihren Dreikämpfen und Sonderwettkämpfen. Seit 1980 stellt der Orientierungslauf auf dem Kamm des Wiehengebirges auch wieder die direkte Verbindung zum Wittekindberg her, doch ist seine Durchführung aus Umweltschutzgründen für die Zukunft fraglich. Die Teilnehmerzahl hat sich in den letzten Jahren bei etwa 350 eingependelt; jedoch kommen wenige aus der näheren Umgebung.

Das 100. Bergfest konnte 1991 zufriedenstellend durchgeführt werden, und der Vorstand des Turnbezirks Minden hofft, daß auch in Zukunft die Mitglieder seiner Vereine und darüber hinaus seinem Aufruf folgen werden, damit das fünftälteste Bergfest im deutschen Sprachraum auch weiterhin Bestand haben wird.